Glaubenseifer - Glaubenszweifler

Eine Ausstellung über Religiosität, Aufklärung und Säkularisation am Beispiel Landshuts von 1. November 2024  bis 9. Februar 2025 in Heiliggeist

Nun sag’, wie hast du’s mit der Religion? Die berühmte Gretchenfrage in Johann Wolfgang Goethes »Faust« (1808, V. 3415) berührt ein zentrales Thema der europäischen Geistesgeschichte: das Verhältnis von Wissen und Glauben, von Vernunft und Religion, das im Zeitalter der Aufklärung fragwürdig wurde.

Auch Landshut blieb von dem allgemeinen Epochenumbruch in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht unberührt. Im Gegenteil bündeln sich hier die gesellschaftlichen Veränderungen an der Schwelle zur Moderne. Nicht zuletzt erfuhr das Verhältnis von Herrscher und Untertanen aufgrund der Frage nach der Relevanz des Religiösen eine harte Belastungsprobe. Zweifel an der religiösen Gesinnung führten im Staatsdienst zu Berufsverbot.

»Glaubenseifer | Glaubenszweifler« – der Titel ist Programm. Dreh- und Angelpunkt der Ausstellung ist eine reich bemalte Dachkammer aus dem Haus Altstadt 336, die einer Landshuter Bürgertochter als Gebets- und Andachtsraum diente: Die sogenannte Büßerzelle der Anna Katharina Cäcilia Märÿ, Zeugnis einer verinnerlichten Frömmigkeit, die das normale Maß des Christlichen überstieg.

Den weltanschaulichen Gegenpol besetzen Freidenker und Illuminaten, die sich in Landshut um 1780 in einer Loge unter dem Decknamen »Delphi« zusammenfanden. Ihr prominentester Vertreter war Bürgermeister Anton Martin Cajetan Popp. Als Repräsentant der kommunalen Verwaltung musste er sich dazu erklären, dass er verboten habe, sein Kind mit Weihwasser zu besprengen.

Für rund zwanzig Jahre bildete ein Tribunal aus staatlichen und kirchlichen Würdenträgern in Landshut eine informelle ›Gesinnungspolizei‹ – in der Sprache der Zeit: ein Inquisitionsgericht. Erst der Regierungsantritt von Kurfürst Max IV. Joseph 1799 brachte eine radikale gesellschaftspolitische Wende zugunsten der aufgeklärten Partei.

Einzelne Menschen und ihr individuelles Schicksal stehen im Vordergrund der Präsentation. Menschen geben der Stadtgesellschaft ein Gesicht.

Da ist zunächst die ›Jungfer‹ Anna Katharina Cäcilia Märÿ, die einer ebenso reichen wie frommen Landshuter Lebzelterfamilie entstammt.

Da ist aber etwa auch der städtische Rechtsvertreter Franz Sebastian Meidinger, der unvermutet als Freidenker unter Rechtfertigungsdruck gerät und später mit seiner Satire auf das Ende der Landshuter Palmeselprozession Geschichte schreibt.

Und da ist nicht zuletzt der Pfarrer Alois Dietl, der als aufgeklärter Geistlicher einen reformierten, an der Vernunft orientierten Katholizismus vertritt.

Die Ausstellung »Glaubenseifer | Glaubenszweifler« lädt ein, dem Epochenumbruch am Übergang von der Frühen Neuzeit zur Moderne anhand ausgewählter Landshuter Lebensläufe nachzuspüren.

 

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